Der „Räzebore“

Etwa 2 km entfernt von Riesweiler bei Simmern befindet sich mitten im schönen Soonwald das Kulturdenkmal „Räzebore“, auch „Maria Reizenborn“ genannt.
Beim „Räzebore“ handelt es sich um eine Quelle und eine ehemalige Wallfahrtskirche mit Eremitage aus dem 18. Jahrhundert, die in den Napoleonischen Kriegen im Jahr 1795/96 zerstört wurden. Im anschließenden Zeitalter der Säkularisierung geriet die Anlage immer mehr in Vergessenheit und der Wald eroberte sich schließlich sein Terrain zurück. Durch einen glücklichen Zufall wurden Anfang der 1980er Jahre in der Nähe der Quelle die Grundmauern der früheren Wallfahrtskirche und der Eremitage wiederentdeckt, freigelegt und teilweise wieder aufgebaut.
Die Räzeborequelle mit ihrem glasklaren Wasser war im 18. Jahrhundert ein naturgegebener Rastplatz für die Pilger, die zur „Schwarzen Madonna vom Soon“ nach Spabrücken wallfahrteten. Laut Überlieferung war eine Pilgerin, die in Spabrücken für ihr todkrankes Kind beten wollte, am Räzebore vor Erschöpfung eingeschlafen. Im Traum sei ihr die Muttergottes erschienen und habe zu ihr gesagt, sie solle von diesem Wasser nehmen und es ihrem kranken Kind geben, es werde wieder gesund. So sei es auch eingetreten. Aus Dankbarkeit habe der Vater des Kindes dort im Wald eine kleine Kapelle bauen lassen. Wegen dieser Marienerscheinung nannte man die Quelle von nun an „Maria Reizenborn“.
Das Wunder vom Räzeborewasser hatte sich sehr schnell herumgesprochen. Immer mehr Menschen kamen, um das Heilwasser zu holen. Mit Körben auf dem Rücken (sogenannte „Räze“) trugen sie das Wasser nach Hause. So bekam die Quelle (der „Bore“) ihren Namen „Räzebore“.
Am 03. August 1732 wurde kirchlicherseits offiziell die Durchführung von Wallfahrten zu „Maria Reizenborn“ genehmigt. Im Jahre 1776 wurde eine größere Wallfahrtskirche (36 m x 9 m) gebaut, weil die Kapelle wegen der vielen Pilgerinnen und Pilger mittlerweile viel zu klein geworden war. Von 1718 bis 1796 lebten nacheinander sieben Eremiten, die namentlich bekannt sind, neben der Kirche in einem kleinen Häuschen (der Eremitage).
Nach der Zerstörung der Kirche und Eremitage im Krieg (1796) wurden diese nicht wieder aufgebaut. Nur die beiden Messkelche von 1755 und 1764 sowie das kleine Altarkreuz wurden aus den Trümmern gerettet und werden heute noch bei den Messfeiern in der Filialkirche in Riesweiler sowie bei der jährlichen Bittprozession zum Räzebore genutzt.
Doch obwohl es außer der Quelle mehr als 150 Jahre lang nichts mehr zu sehen gab: Der Räzebore geriet nie in Vergessenheit. In den Jahren von 1948 bis 1952 baute man in Riesweiler eine katholische Kirche, die in Erinnerung an die Wallfahrtsstätte im Wald den ungewöhnlichen Namen „Maria Reizenborn“ bekam.
Fast 200 Jahre nach der Zerstörung wurde der Räzebore dann schließlich wiederentdeckt und die original Grundmauern von Kirche und Eremitage konnten in Zusammenarbeit mit dem Amt für Denkmalpflege 1987 aufgrund von Spenden wieder aufgebaut werden. 2003 wurde das gesamte Areal unter Denkmalschutz gestellt.
Auf den Grundmauern der ehemaligen Eremitage wurde 1997 mithilfe einer Erbschaft und mit viel ehrenamtlichem Engagement eine kleine ökumenische Kapelle errichtet.
Leider versiegte die Räzeborequelle aufgrund von Tiefbohrungen im Soonwald im Jahr 1972 und es ist trotz erheblichen Aufwands nur bedingt gelungen, sie wieder zum Fließen zu bringen. Heute wird die Quelle aus dem ehemaligen Riesweiler Wasserhaus von 1906 mit unserem sehr guten Soonwaldwasser gespeist.
Die Pflege und der Erhalt einer solchen Anlage kostet viel Geld, Aufwand und Einsatz. Daher wurde im Jahr 1997 der gemeinnützige „Verein zur Förderung des Kulturdenkmals Räzebore e.V.“ gegründet. Durch das ehrenamtliche Engagement des Vereins ist der Räzebore heute wieder zu einem sehr beliebten Wallfahrtsort geworden. Davon zeugt auch das Gästebuch, das in der Kapelle ausliegt und in das sich schon Besucherinnen und Besucher aus aller Welt eingetragen haben.
Das ganze Jahr über trifft man hier Wanderer, Radfahrer, Wallfahrer, kirchliche Gruppen, Busgruppen, Schulklassen Vereine, usw. Es werden Gottesdienste gefeiert, Brautleute lassen sich hier trauen, Kinder werden getauft und es gibt Konzerte, Vorträge und Lesungen. Und von kleinen Wundern, die passieren – wenn man daran glaubt – wird auch heute noch berichtet.
Vor zehn Jahren habe ich mich entschlossen, die Geschichte des Räzebore in einem Buch zu veröffentlichen. Leider ist dieses zwischenzeitlich vergriffen, aber gerne erzähle ich angemeldeten Gruppen auf Anfrage und gegen eine Spende zur Erhaltung dieses einmaligen Kulturdenkmals die Geschichte dieses besonderen Ortes.
Ich freue mich darauf, viele Interessierte an unserem Räzebore zu treffen!
Herzlichst, Ihre
Anita Kraemer
Riesweiler, 01.05.2022